WEC Sao Paulo: Knall und Porsche-Sieg zum Finale

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Erster Sieg: Der Porsche 919 von Jani / Lieb / Dumas holte den ersten Sieg in der „neuen Sportwagen-WM“ für die Schwaben. © Washbrooke / FIA WEC

Zum Finale in Sao Paulo zeigte sich die WEC nochmals von ihrer spektakulärsten Seite: Ein von zahlreichen Reibereien geprägtes Rennen fand sein jähes Ende, als rund 30 min vor der 6 Stunden-Marke Porsche LMP1-Pilot Mark Webber mit Matteo Cressoni (8Star-Ferrari 458) kollidierte und in der ultraschnellen Bergaufpassage zu Start-und-Ziel heftige abflog. Webber wurde von den Rettungskräften geborgen – gab aber mit „Daumen hoch“ von der Bahre aus Entwarnung.

Trotz des schweren Unfalls überwog bei Porsche die Freude nach dem WEC-Finale: Der Sieg durch Jani / Lieb / Dumas ist der erste große Erfolg des Porsche 919 und passt wunderbar ins Drehbuch der Schwaben. Über die Distanz lieferte sich das Porsche-Trio einen herrlichen Zweikampf mit dem Toyota der bereits als Weltmeister feststehenden Anthony Davidson und Sebastien Buemi.

Durch einen Reifenschaden von Dumas zur Rennmitte waren die Siegaspiranten mit unterschiedlichen Boxenfenstern unterwegs. Beim letzten Boxenstopp bleiben bei Jani die Reifen drauf, während man bei Toyota wechselte und Davidson im Auto beließ. Ob der Doppelstint bei Porsche funktioniert hätte und ob Sebastien Buemi (für mich der WEC-Pilot des Jahres) im finalen Überrundungsgetümmel der schnellere Mann im Toyota gewesen wäre – das ist wegen Webbers Unfall alles Hätte-Wäre-Wenn, das Rennen wurde hinter dem Safety Car beendet.

Fakt ist, dass die Toyotas in Brasilien richtig kämpfen mussten, weil die Saugmotoren in der Höhenluft von Sao Paulo im Vergleich zu den kleineren Turboaggregaten an Leistung einbüßten. Weil Porsche zudem den erhöhten Reifenverschleiß an der Vorderachse auf dem neuen Belag von Interlagos im Griff hatte, waren die Weissacher echte Gegner. Auch Audi war stärker als bei den vorigen Rennen – ideale Basis für den dritten Rang von Lucas di Grassi, Loic Duval und Tom Kristensen, der damit sein letztes Rennen auf dem Podium beendete.

Mir hat die WEC-Saison 2015 viel Spaß gemacht. Zwei Dinge waren dafür hauptverantwortlich: Zuerst sei die Rückkehr von Porsche auf die große Bühne des Langstreckensports genannt – Porsche ist schließlich nicht irgendeine Marke, sondern die Ikone des Sportwagensports! Die Weissacher können zweifellos mit der ersten Saison des 919ers zufrieden sein, der Sieg von Sao Paulo ist dabei die Krönung.
Derweil hat Porsche bekannt gegeben, dass man nächstes Jahr mit 3 LMP1-Boliden in Le Mans antreten wird – und dann auch noch mit Nico Hülkenberg als einer der Fahrer. An dieser Stelle ein Hoch auf die Freigabe durch Force India – das ist  nicht selbstverständlich, ist aber eine gelebte Reminiszenz an die „guten alten Zeiten“, wo eine solche Arbeitsteilung Gang und Gebe war. Und ich bin mir sicher: Dann wird das Drehbuch „Porsche 919“ mit dem einen oder anderen weiteren Sieg fortgeschrieben.

Die zweite Prise Salz in der Suppe Sportwagen-WM war für mich der Wettkampf der unterschiedlichen Antriebskonzepte der LMP1-Boliden. Dass Toyota im Saisonverlauf überlegen war – die 24 Stunden von Le Mans hat aber immer noch Audi gewonnen – ist nur recht und billig: Die Japaner haben sich die größte Hybridklasse zugetraut und bei den 6 Stunden-Rennen eine beeindruckende Dominanz gezeigt. Der Kampf um Effizienz im Langstreckensport ist zeitgemäß und sehr spannend!

So viel für jetzt mit den Prototypen – das GT-Resümee zur WEC 2014 findet ihr an dieser Stelle etwas später…